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Wie genau sind Blutdruckmessgeräte?

Messen Blutdruckmessgerõte genau?
Wer sich ein Blutdruckmessgerät anschaffen will, wird von der Auswahl regelrecht erschlagen. Es gibt unzählige Hersteller und viele bieten gleich mehrere Geräte an. Es gibt teilweise günstige Schnäppchen ab ca. 10 Euro, aber auch dreistellige Beträge kann man ausgeben.
Da stellt sich natürlich die Frage, ob so ein billiges Gerät genauso gut misst, wie ein teures. Um es kurz zu machen: So direkt kann man das nicht sagen. Dazu müssen wir leider etwas ausholen.

Zulassung als Medizinprodukt

Messgeräte sind Medizinprodukte und für die ist ein gewisses Zulassungsverfahren festgelegt. Hier geht es um Regulationen, Normen und Gesetzen. Für diese Zulassung wird auch die Messgenauigkeit geprüft.

Technische Prüfung

Das geschieht einmal durch die technische Prüfung, bei der z.B. das Druckmanometers und die Manschette geprüft wird. Über die Messgenauigkeit am Menschen sagt das aber wenig aus.

Klinische Validierung

Daher benötigt ein Messgerät eine klinische Validierung. Einfach gesagt nimmt man hier eine gewisse Anzahl an Menschen und misst bei diesen den Blutdruck. Verglichen wird mit einer Messung nach Korotkoff, also mit Stethoskop. Ein Prüfprotokoll legt fest, wie genau die Werte übereinstimmen müssen, damit das Gerät noch zugelassen wird. Auch die Anzahl an Patienten und welche für die Prüfung herangezogen werden, ist dort festgelegt.

Prüfprotokolle

Prüfprotokolle gibt es nicht nur eines. Diese unterschieden sich auch durchaus. Als bekanntere gelten die Protokolle von ESH, BHS, AAMI und DHL. Allerdings waren die Hersteller daran nicht gebunden.
Mit der Medical Device Regulation - dem neuen Medizinproduktegesetz aus 2017 - gibt es nun einen Standard ISO 81060 (AAMI/ESH/ISO), der ein verpflichtendes Protokoll darstellt. Am Markt sind aber noch viele Messgeräte mit einer alten Zulassung.

Vergleichstabelle Validierungsprotokolle:

ESH
BHS
AAMI
DHL
AAMI/ESH/ISO
Anzahl Probanden
33
85
>=85
96
>=85
Alter
>=25
15-80
>12
>20
>12
Blutdruckbereich (SBP = Systolischer Blutdruck, DBP = Diastolischer Blutdruck)
SBP (mmHg):
<130: 10-12 Probanden,
130-160: 10-12,
>160 mmHg: 10-12
DBP (mmHg):
<80: 10-12,
80-100: 10-12,
>100: 10-12
SBP (mmHg):
<90: ≥8 Probanden,
90-129: ≥20,
130-160: ≥20,
161-180: ≥20,
>180: ≥8,
DBP (mmHg):
<60: ≥8 Probanden,
60-79: ≥20,
80-100: ≥20,
101-110: ≥20,
>110: ≥8
SBP (mmHg):
≤100 mmHg: ≥5% der Messungen,
≥140 mmHg: ≥20%,
≥160: ≥5%,
DBP (mmHg):
≤60 mmHg: ≥5%,
≥85 mmHg: ≥20%,
≥100 mmHg: ≥5%
20-40 Jahre
SBP (mmHg):
≤140: 12 Probanden
≥141: 12
DBP (mmHg):
≤90: 12
≥91: 12
41-70 Jahre:
SBP:
≤120: 8
121-140: 16
141-160: 16
≥161: 8
DBP:
≤80: 8
81-90: 16
91-100: 16
≥101: 8
≥71 Jahre:
SBP:
≤140: 12
>141: 12
DBP:
≤90: 12
>91: 12
SBP (mmHg):
≤100 mmHg: ≥5% der Messungen
≥140 mmHg: ≥20%,
≥160: ≥5%,
DBP (mmHg):
≤60 mmHg: ≥5%,
≥85 mmHg: ≥20%,
≥100 mmHg: ≥5%
Zulassungskriterien
Kriterien auf der Grundlage der Anzahl der Messwerte mit einer Differenz zwischen Test und Referenz­blutdruck von ≤ 5, 10, 15 mmHg
Kriterien für einzelne Blutdruck­messungen (Teil 1)
einzelne Probanden (Teil 2)
Teil 1: Bestanden, wenn 73,7% (73/99) der Unter­schiede zwischen den Messwerten ≤ 5 mmHg, 87,9% (87/99) ≤ 10 mmHg, 97,6% (96/99) ≤ 15 mmHg
Teil 2 (Genauigkeit): Anzahl der Probanden mit 0, 2 oder 3 der absoluten Differenz ≤ 5 mmHg
Einstufungs­system (A, B, C, D) basierend auf Unterschieden zwischen gepaarten Messwerten von ≤ 5, 10, 15 mmHg getrennt für jeden Beobachter und getrennt für SBP und DBP
Zusätzlich, mittlere Unterschiede ≤ 5 mmHg und Standard­abweichung ≤ 8 mmHg (AAMI-Empfehlungen)
Kriterien auf der Grundlage der mittleren Blutdruck­unterschiede und ihrer Standard­abweichungs­kriterien für einzelne Blutdruck­messwerte und einzelne Personen. Die Kriterien 1 und 2 sollten für SBP und DBP angewendet werden
Kriterium 1 (für einzelne Blutdruck­messwerte): Die mittlere Blutdruck­differenz ist ≤ 5 mmHg und die Standard­abweichung ≤ 8 mmHg
Kriterium 2 (für einzelne Probanden): Die mittlere Differenz und die Standard­abweichung der Blutdruck­messwerte liegen innerhalb der durch den Mittelwert von Kriterium 1 definierten Schwelle
Kriterien auf der Grundlage der mittleren Differenz und Standard­abweichung und des Punkte­systems für einzelne gepaarte SBP- und DBP-Mess­werte
Bestanden, wenn das Gerät alle folgenden Kriterien erfüllt: Mittlere Differenz für SBP und DBP ≤ 5 mmHg und die Standard­abweichung ≤ 8 mmHg und Punktzahl ≥ 55 % der maximal erreichbaren Punktzahl.
Kriterien auf der Grundlage der mittleren Blutdruck­unter­schiede (Test vs. Referenz) und ihrer Standard­abweichungs­kriterien für einzelne Blutdruck­messwerte und einzelne Probanden. Die Kriterien 1 und 2 sollten für SBP und DBP angewendet werden
Kriterium 1 (für einzelne Blutdruck­messwerte): Die mittlere Blutdruck­differenz ist ≤ 5 mmHg und die Standard­abweichung ≤ 8 mmHg.
Kriterium 2 (für einzelne Probanden): Die mittlere Differenz und die Standard­abweichung der gemittelten Blutdruck­differenzen müssen innerhalb eines durch den Mittel­wert von Kriterium 1 definierten Schwellen­werts liegen.
Zusätzlich werden die Anzahl der absoluten Blutdruck­unterschiede innerhalb von 5, 10 und 15 mmHg (ESH-IP2) und standard­isierte Bland-Altman-Streu­diagramme vorgelegt.
Die mittlere Test-Referenz-Blutdruck­differenz und die Standard­abweichung pro Manschetten-Untergruppe müssen ohne Pass/Fail-Kriterien für das Test­gerät angegeben werden

Es gibt darüber hinaus noch viele weitere Kriterien, wie die Auswahl der Probanden, wie gemessen wird usw. Aber auch so sieht man bereits gut, dass die Prüfungen durchaus unterschiedlich sind.

Genauigkeit

Wie genau ein Gerät ist, kann man also nicht sagen. Man kann aber sagen, dass es eine Validierung - also Prüfung - bestanden hat. Je anspruchsvoller, desto besser ist das natürlich.
Man kann auch die Prüfprotokolle im Internet zum Teil einsehen.

Warum klinisch validieren?

Der Arzt misst mit der Methode nach Korotkoff
Aber warum ist diese Validierung überhaupt nötig? Das liegt daran, dass die Messgeräte heute oszillometrisch arbeiten. Dabei wird nicht wirklich der systolische und diastolische Blutdruck gemessen, wie das bei der Korotkoff-Messung mit dem Stethoskop der Fall ist. Die beiden Werte werden dann aus der maximalen Gefäßschwingung anhand von Algorithmen abgeleitet. Besonders bei Menschen mit Arrhythmie, Menschen mit erhöhter Arteriensteifigkeit, Diabetes oder Tremor gibt es hier Probleme. Um sicherzustellen, dass diese Ableitung bei möglichst vielen Menschen gut funktioniert, dient eben die klinische Validierung.

Was heißt das nun?

Messgeräte werden auf Genauigkeit getestet, bevor sie verkauft werden dürfen. Wobei man sich hier nichts vormachen darf. Die Schwankungsbreite dessen, was noch zugelassen ist, ist schon groß.
Es gibt auch nicht das eine für jeden perfekt geeignete Gerät.  Man sollte eines wählen, was bei einer Probandengruppe, die einem selbst ähnlich ist (Alter, Geschlecht, Armumfang, Herzrhythmusstörungen, Arteriensteifigkeit, .) die zuverlässigsten Ergebnisse zeigt. Und da ist dann der Knackpunkt, wo es leider zu einer Wissenschaft wird.

Da einzelne Messungen ungenau sein können, sollte man sich von einem einzelnen Messwert nicht verunsichern lassen. Wichtiger und auch wesentlich genauer sind regelmäßige Messungen, die erlauben alle Werte im Überblick zu betrachten . Dazu eignet sich z.B. BlutdruckDaten um vor allem Veränderungen im Verlauf zu sehen und sinnvoll handeln zu können.

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Von Horst Klier. Dieser Artikel ist medizinisch-fachlich geprüft. Letzte Aktualisierung von Sabine Croci (12/2023).

Dieser Artikel wird herausgegeben von BlutdruckDaten. Das BlutdruckDaten-Team ist seit 2009 für die hohe Expertise zum Thema Bluthochdruck im deutschen Internet bekannt. Die zugehörige App wird von hunderttausenden Nutzern täglich konsultiert. Alle Artikel werden umfangreich recherchiert und auf wissenschaftlichen Fakten basierend erstellt. Diese Fakten werden regelmäßig geprüft und Artikel auf den neuesten Stand gebracht.

Informationen auf der Website und innerhalb der App können die Beratung beim Arzt nicht ersetzen.


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